§ 72a SGB VIII - Erweiterte Führungszeugnisse für Ehrenamtliche
Rechtsgrundlage
Umsetzung des neuen Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG)
Führungszeugnisse für Ehrenamtliche in der Kinder- und Jugendhilfe
Um einschlägig Vorbestraften den Zugang zur Kinder- und Jugendarbeit zu verwehren, wurde § 72a SGB VIII neu gefasst. Hier fassen wir die Auswirkungen auf einen Blick zusammen:
Seit 01.01.2012 gilt das neue Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG). Hierbei handelt es sich um ein ganzes Paket von Gesetzesänderungen, die den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Jugendarbeit ausschließen sollen. In § 72a SGB VIII, einem Teilparagrafen des BKiSchG, ist geregelt, dass die Jugendämter als öffentliche Träger der Jugendhilfe mit freien Trägern (z.B. Vereinen und Verbänden), die Jugendarbeit anbieten, Vereinbarungen zur Umsetzung dieses Paragraphen treffen sollen. Durch diese Vereinbarungen verpflichten sich die freien Träger, erweiterte Führungszeugnisse von neben- und ehrenamtlichen Mitarbeitern/innen einzusehen.
Die Rahmenvereinbarung, entsprechende Informationen und alle Formulare sind auf der Internetseite des Landesjugendamtes (www.lsjv.rlp.de) zum Download hinterlegt.
Inhalt des § 72a SGB VIII
Der § 72a SGB VIII wurde im Rahmen des neuen Bundeskinderschutzgesetzes (BKiSchG) vom 01.01.2012 neu gefasst. Der § 72a SGB VIII verfolgt das Ziel, einschlägig vorbestrafte Personen von der Wahrnehmung von Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe fernzuhalten bzw. auszuschließen. Davon sind nun gerade auch neben- und ehrenamtliche Mitarbeiter/innen betroffen. Anliegen des Gesetzgebers ist es, das erweiterte Führungszeugnis als ein Element zu etablieren, um Kinder und Jugendliche zu schützen. Neu ist das nicht, denn auch bisher schon hatte jeder Träger der Jugendhilfe die Pflicht, die Eignung von Mitarbeitern/innen und Ehrenamtlichen zu prüfen. Die Neuregelung des § 72a SGB VIII soll als Anstoß zu einem neuen Verständnis von präventivem Kinderschutz und als ein Teil eines Präventionskonzeptes verstanden werden, das in der Verantwortung der einzelnen Vereine und Träger liegt. Deshalb soll bei Personen, die Minderjährige unmittelbar beaufsichtigen, betreuen, erziehen, ausbilden oder einen vergleichbaren Kontakt haben, Einsicht in ein erweitertes Führungszeugnis genommen werden.
Das erweiterte Führungszeugnis und die Vereinbarung
Die Umsetzung dieser neuen gesetzlichen Regelung obliegt dem örtlichen öffentlichen Träger der Jugendhilfe (hier: Jugendamt Rhein-Pfalz-Kreis). Um den Prozess so transparent wie möglich zu gestalten, verwenden wir die allgemeinen Empfehlungen des Landesjugendhilfeausschusses Rheinland-Pfalz vom 25.11.2013 sowie die darin enthaltene Mustervereinbarung. In dieser ist festgelegt, bei welchen Tätigkeiten Führungszeugnisse von Neben- und Ehrenamtlichen einzusehen sind.
Welche Träger, Vereine und Verbände sind von der neuen Regelung betroffen?
Betroffen sind alle freien Träger der Jugendhilfe (das beinhaltet auch Träger, die Angebote im Bereich Jugendarbeit vorhalten), die eine Förderung durch das Kreisjugendamt Rhein-Pfalz-Kreis erhalten. Ab 1. Januar 2015 werden Zuschüsse zur Förderung der Jugendarbeit vom Jugendamt Rhein-Pfalz-Kreis nur noch unter der Voraussetzung gewährt, dass der Antragsteller der Rahmenvereinbarung zu § 72a SGB VIII beigetreten ist.
Wie sieht es für andere Vereine und Träger aus?
Auch Vereine, die nicht mit dem Kreisjugendamt kooperieren und keine anerkannten Träger der Jugendhilfe sind, jedoch Kinder oder Jugendliche beaufsichtigen, betreuen, erziehen, ausbilden oder einen vergleichbaren Kontakt haben, sollten sich freiwillig selbst verpflichten. Die Verantwortung eines Vereinsvorstandes, die Eignung der Mitarbeiter/innen einzuschätzen und Vorkehrungen zum Schutz vor Übergriffen zu treffen, besteht schon jetzt. Das erweiterte Führungszeugnis ist eine Möglichkeit, mit der man ausschließen kann, dass einschlägig vorbestrafte neben- und ehrenamtliche Mitarbeiter/innen Kinder und Jugendliche betreuen.
Kostet das erweiterte Führungszeugnis etwas?
Ehrenamtlich Tätige werden auf Antrag von der Gebühr für das Führungszeugnis befreit. Der Träger der Maßnahme bescheinigt, dass das Führungszeugnis für eine ehrenamtliche Tätigkeit benötigt wird. Mit dieser Bescheinigung können die ehrenamtlich Tätigen das erweiterte Führungszeugnis beim Einwohnermeldeamt ihres Wohnortes beantragen.
Wer bekommt das erweiterte Führungszeugnis zugeschickt?
Das erweiterte Führungszeugnis wird der antragstellenden Person zugeschickt. Diese kann es dann vorlegen. Wichtig: Aus Gründen des Datenschutzes darf durch den Verein keine Kopie angefertigt werden. Es verbleibt beim Ehrenamtlichen und kann somit auch zur Vorlage bei anderen Vereinen genutzt werden.
Wie dokumentiert der Verein/Träger die Vorlage der erweiterten Führungszeugnisse?
Es genügt, eine Liste zu führen, in der das Vorlagedatum, das Datum der Ausstellung sowie der Name des Ehrenamtlichen hinterlegt ist. Diese Liste unterliegt einer datenschutzrechtlichen Sorgfaltspflicht. Das heißt, sie darf nur den dafür im Verein beauftragten Personen zugänglich sein. Das Jugendamt stellt für Dokumentationszwecke einen Vordruck zur Verfügung. In den Vereinen sollte ein/e Ansprechpartner/ und eine Vertretung benannt werden, dem/der die Führungszeugnisse vorgelegt werden und der/die für die Dokumentation zuständig ist.
Wie geht man damit um, wenn Eintragungen im Führungszeugnis auftauchen?
Ein Tätigkeitsausschluss muss erfolgen, wenn die Eintragungen im Zeugnis die im § 72 a SGB VIII beschriebenen Straftatbestände im StGB betreffen.
Diese sind:
• § 171 Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht
• § 174 Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen
• § 174a Sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen
• § 174b Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung einer Amtsstellung
• § 174c Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses
• § 176 bis 176b Tatbestände des sexuellen Missbrauchs von Kindern
• § 177 bis 179 Tatbestände der sexuellen Nötigung und des sexuellen Missbrauchs
• § 180 Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger
• § 180a Ausbeutung von Prostituierten
• § 181a Zuhälterei
• § 182 Sexueller Missbrauch von Jugendlichen
• § 183 Exhibitionistische Handlungen
• § 183a Erregung öffentlichen Ärgernisses
• §§ 184 bis 184d Verbreitung pornografischer Schriften und Darbietungen
• §§ 184e bis 184f Ausübung verbotener und jugendgefährdender Prostitution
• § 225 Misshandlung von Schutzbefohlenen
• § 232 bis 233a Tatbestände des Menschenhandels
• § 234 Menschenraub
• § 235 Entziehung Minderjähriger
Für welche Tätigkeiten soll ein Führungszeugnis verlangt werden?
Auch im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe ist es nicht für alle Tätigkeiten notwendig, vorab ein erweitertes Führungszeugnis einzusehen. Zur gesetzlich vorgeschriebenen Entscheidung darüber, ob für die Tätigkeit eines/einer neben- oder ehrenamtlichen Mitarbeiter/in zuvor ein erweitertes Führungszeugnis eingesehen werden muss, wurde vom Landesjugendamt ein Prüfschema entwickelt. Die Tätigkeit wird anhand verschiedener Gesichtspunkte eingeschätzt und nach einem Punkteschema bewertet. Ab 10 Punkten ist die Einsichtnahme in das erweiterte Führungszeugnis erforderlich. Das Prüfschema finden Sie unter Punkt A3 der Rahmenvereinbarung.
Spontanes ehrenamtliches Engagement
Der Einsatz eines/einer ehrenamtlichen Mitarbeiters/in soll nicht daran scheitern, dass die Zeit für die Vorlage eines Führungszeugnisses zu kurz war (z. B. bei spontanen Aktivitäten oder bei Ersatz für ausgefallene Betreuer/innen). In diesem Fall kann von der ehrenamtlich tätigen Person eine persönliche Selbstverpflichtungserklärung eingeholt werden, wenn sich auf Basis des Prüfschemas die Notwendigkeit zur Einsicht in das erweiterte Führungszeugnis ergibt.
Wann braucht man ein (neues) erweitertes Führungszeugnis?
Das Führungszeugnis gilt maximal 5 Jahre. Es darf bei Vorlage nicht älter als 3 Monate sein. Die Vorlagepflicht gilt für Ehrenamtliche ab 14 Jahren.
Weitere Informationen sowie die notwendigenFormulare finden Sie unter http://lsjv.rlp.de/kinder-jugend-und-familie/rahmenvereinbarung-zu-72-a-sgb-viii/.